In den Sommerferien zieht es meine Familie und mich meistens in den Norden Europas. Nach Irland, England und Schottland führte uns die Reise im Sommer 2018 noch ein Stück weiter nach Norden. Genauer gesagt in das Land geboren aus Feuer und Eis – nach Island!
Schon bei der Reiseplanung war klar: es sollte ein erlebnisreicher Roadtrip werden und entsprechend lang war unsere “das wollen wir unbedingt sehen”-Liste. Auf der Liste waren einfach umzusetzende Punkte wie z.B. Islandponies, Wasserfälle, Vulkane, Geysire und heiße Quellen. Es waren aber auch Wünsche drauf, bei denen wir nur hoffen konnten, dass es tatsächlich klappt, u.a. Papageientaucher, Robben, Wale, Polarfüchse und Nordlichter.
Die Ringstraße in 10 Tagen
Für unseren Roadtrip entlang der Ringstraße hatten wir 10 Tage und eine Fahrstrecke von rund 2.000 km eingeplant. Für jede Nacht hatten wir vorab ein Hotel oder Gasthaus gebucht. Los ging es Ende August mit einem 4-stündigen Flug von Basel nach Keflavik. Bereits um 5 Uhr morgens hob der Flieger ab, so dass wir bereits um 7 Uhr Ortszeit (2 Stunden Zeitverschiebung) in Island ankamen. Am Flughafen übernahmen wir unseren Mietwagen, einen knallroten VW Polo und schon ging’s los. Nicht mal eine Stunde nach der Landung standen wir schon an der “Blue Lagoon”, einer sehr bekannten Thermalquelle mit türkisblauem Wasser und unverschämten Eintrittspreisen ab 78,- EUR pro Person!! Ja, Island ist teuer! Leider in allen Belangen: Essen, Trinken, Unterkunft, Mietwagen, Lebensmittel, Benzin ….aber das wussten wir vorher schon, deshalb haben wir die Blue Lagoon nur von außen besichtigt und fuhren weiter. Auf unserer Reise erwarteten uns ja noch viele weitere heiße Quellen – meistens sogar gratis und mit viel weniger Besucherandrang.
Direkt hinter der Hauptstadt Reykjavik beginnt der “Golden Circle”, eine Rundfahrt-Route mit einigen tollen Sehenswürdigkeiten. Aufgrund der Nähe zur Hauptstadt und zum Flughafen wird der Golden Circle allerdings auch von vielen Tagestouristen und Kurzurlaubern besucht. Entsprechend voll sind die Sehenswürdigkeiten wie der Gullfoss Wasserfall, der Strokkur Geysir und der Pingvellir-Nationalpark. Vor allem der Strokkur ist trotzdem einen Besuch wert: der Geysir schießt ca. alle 10 Minuten eine bis zu 35 Meter hohe Wasserfontäne in die Höhe. Ein beeindruckendes Naturschauspiel!
Die Südküste ist extrem abwechslungsreich
Danach ging es auf der Ringstraße weiter an der Südküste entlang. Die Südküste ist extrem kurzweilig: eine Sehenswürdigkeit jagt die Nächste, es bleibt kaum Zeit zum Durchschnaufen. Am faszinierendsten fand ich, dass sich die Landschaft ständig verändert. Hinter jeder Kurve, hinter jedem Fjord oder Bergpass sieht die Landschaft anders aus und es gibt permanent neue Dinge zu entdecken. Traumhafte Wasserfälle, majestätische Berggipfel und malerische Fjorde wechseln sich ab mit Lavafeldern, Gletschern und riesigen Flussdeltas. Dazwischen liegen Strände mit schwarzem Sand und gezackten Felsspitzen. Eine wirklich faszinierende Gegend und für mich persönlich die interessanteste und vielleicht auch schönste Region in Island. Daher mein Tipp: wer eine Island-Rundreise plant, sollte die Ringstraße im Uhrzeigersinn fahren – dann kommt das Beste zum Schluss!
Alle Sehenswürdigkeiten entlang der Südküste hier aufzuzählen ist gar nicht möglich, deshalb beschränke ich mich auf meine persönlichen Favoriten. Wenn ihr Island besucht solltet ihr auf jeden Fall den Skogafoss Wasserfall anschauen sowie die beeindruckende Schlucht des “Fjadrargljufur Canyon”. Ein Abstecher nach Dyrhólaey und an den Kirkjufjara Beach lohnt sich ebenso. Man kann dort kilometerlange Strandspaziergänge im schwarzen Sand machen und es gibt einen Vogelfelsen mit Papageientauchern.
Ein absolutes Muss ist die Jökulsárlón Gletscherlagune und der Diamond Beach. Von der Gletscherlagune treiben riesige Eisschollen ins Meer und werden wieder ans Ufer zurückgespült. Die türkisblauen Eisschollen auf dem feinen schwarzen Sandstrand sehen spektakulär aus. In der Gletscherlagune gehen zudem Seehunde auf die Jagd und können aus nächster Nähe beobachtet werden.
„Die Dimensionen sind einfach in jeder Hinsicht überwältigend. Riesige Hochebenen, gigantische Wasserfälle, beeindruckende Vulkane und malerische Traumlandschaften im Überfluss.“
Die perfekte Landschaftskulisse
Ein weiteres Highlight war für mich das Gebirgsmassiv Vestrahorn und die davor liegende Bucht Stokksness. Vor wenigen Jahren noch ein Geheimtipp, hat sich dieser Fleck inzwischen zu einem der meistfotografierten Motive in ganz Island entwickelt. Ich finde: absolut berechtigt! Es ist einfach die perfekte Landschaftskulisse und sieht aus wie gemalt. Das Panoramafoto von Stokksness-Vestrahorn ist folglich auch mein persönliches Lieblingsfoto aus Island.
Eine Anmerkung noch zu Stokksness/Vestrahorn: das Gebiet ist in Privatbesitz und der Eigentümer verlangt umgerechnet ca. 4 EUR Eintritt für den ganzen Tag. An der Zufahrtsstraße ist eine Schranke, im Kaffee daneben wird der Wegezoll entrichtet. Am Fuße vom Vestrahorn-Gebirge gibt es übrigens noch ein Wikingerdorf zu sehen, welches als Filmkulisse für die TV-Sendung “VIKINGS” gebaut wurde. Beim Thema Eintrittspreise kann ich übrigens Entwarnung geben: Island ist zwar teuer, aber es wird nur selten Eintritt verlangt und selbst Parkgebühren waren eher die Ausnahme.
Entlang der Ostküste gibt es viele malerische Buchten und Fjorde. Wir haben die Strecke ein wenig abgekürzt und sind auf der Straße 939 über den Öxipass gefahren. Lohnt sich, weil man einen schönen Eindruck bekommt, wie es im isländischen Hochland aussieht. Die Strecke ist zwar kürzer als die Route über die Ringstraße, aber es handelt sich um eine grobe Schotterpiste, man spart deshalb kaum Zeit.
Blubbernde Schlammtöpfe und karge Mondlandschaften
Nachdem wir den Pass hinter uns gelassen hatten, ging es weiter Richtung Norden zum wunderschönen See Mývatn, dem viertgrößten See des Landes. Er misst stolze 36,5 km² und hat mehr als 50 kleine Inseln. Die vielen Inseln machen den See zu einer malerisch-romantischen Bilderbuchlandschaft. Ganz in der Nähe befindet sich im Bereich des Krafla-Vulkansystems der Berg Námafjall und das Geothermiefeld Hverir. Dort gibt es beeindruckende Kraterlandschaften zu sehen mit heißen Quellen, blubbernden Schlammtöpfen und kargen Mondlandschaften. Überall riecht es nach Schwefel, man könnte auch sagen, es stinkt nach faulen Eiern.
Im Nordosten von Island sollte man sich auf jeden Fall den größten Wasserfall (Dettifoss) und den schönsten Wasserfall (Godafoss) anschauen. Während der sagenumwobene Wasserfall der Götter, der Godafoss, einfach und bequem zu erreichen ist, ist eine Fahrt zum Dettifoss ein mittelgroßes Abenteuer. Die Straße dorthin ist über 50 Kilometer lang und der Zustand der Schotterpiste ist extrem bescheiden. Ich schätze mal 10% Schotter, 20% Schlamm, 20% Geröll und 50% Schlaglöcher, oder so ähnlich ….aber es waren definitiv mehr Schlaglöcher als Straße! 😉
Man sollte also auf jeden Fall viel Zeit einplanen und ein geländegängiges 4WD-Auto (statt eines VW Polo) ist auch kein Fehler.
Whalewatching im Norden
An der Nordküste angekommen bieten sich dann Abstecher nach Husavik und Akureyri an. Beide Städte sind gute Ausgangspunkte für eine Whale-Watching-Tour. Die Erfolgsaussichten sind groß – angeblich liegt die Quote für Walsichtungen bei einer Bootstour bei über 95%. In unserem Fall hat es gepasst, wir haben mehrere Buckelwale aus nächster Nähe gesehen. Ein beeindruckendes Erlebnis! Wer nicht seefest ist, keine Lust auf eine Bootstour hat oder sich das Geld sparen möchte, der hat auch von Land aus gute Chancen auf Walsichtungen. Wir konnten eine Gruppe Minkwale direkt vom Ufer aus beobachten.
Insidertipp: Bei Husavik gibt es das neu gebaute “Geosea” Geothermal-Bad. Günstiger als die Blue-Lagoon im Süden und in toller Lage direkt auf einer Klippe mit grandioser Aussicht auf das Meer. Am besten ein Fernglas mitnehmen, dann kann man Whale-Watching direkt aus dem 40 Grad warmen Geothermal-Pool heraus machen.
Die Halbinseln im Norden sind sehr dünn besiedelt (wie eigentlich ganz Island) und touristisch wenig überlaufen. Man kann dort wunderbar wandern und Tiere beobachten. Wir hatten Glück und haben bei einer Küstenwanderung sogar einen Polarfuchs gesehen. Für ein Foto hat es leider nicht gereicht, dafür war der Fuchs zu schnell bzw. ich zu langsam.
Abstecher zur Seehundbucht
Als letzten Tipp möchte ich euch die Straße 711 zur Seehundbucht Hindisvik empfehlen. Auf dieser Halbinsel lebt die größte Seehundkolonie Islands. Bei Ebbe ruhen sich hier zahlreiche Seehunde auf den Sandbänken und Felsen aus und man kann diese gut beobachten.
Unterkünfte
Jede Nacht verbrachten wir in einer neuen Unterkunft, so wurde es nie langweilig und die Fahrtstrecken zwischen den einzelnen Etappenzielen waren relativ kurz. Die Hotels und „Guesthouses“ waren durchweg gut, teils schlicht, teils etwas komfortabler, aber immer gemütlich und mit einer herrlichen Ruhe wie man sie in Mitteleuropa kaum findet. Entlang der Strecke machten wir zahlreiche Abstecher zu den unterschiedlichsten Fotospots an der Küste und im Landesinneren. Bei der Mietwagenrückgabe zeigte der Tacho eine Fahrtstrecke von rund 2.800 km an.
Unsere „Must see in Iceland“-Liste
Am Anfang meines Reiseberichtes habe ich unsere “must see”-Liste erwähnt. Hier das Ergebnis: wir haben alles gesehen, was wir uns vorgenommen hatten. Unzählige Islandponies (viel mehr als Einwohner), wunderschöne Wasserfälle, gigantische Vulkane und Gletscher, Geysire und heiße Quellen und sogar bei der Tierwelt hatten wir Erfolg und konnten Papageientaucher, Robben, Wale und einen Polarfuchs beobachten. Und das Beste kommt zum Schluss: sogar die faszinierenden Polarlichter konnten wir sehen. In den Sommermonaten ist das keineswegs selbstverständlich. Doch wir hatten Glück und in einer Nacht zeigten sich richtig starke Polarlichter am Himmel. Die Inhaberin des kleinen Hotelbetriebes klopfte sogar mitten in der Nacht an unsere Zimmertür, um uns über die Polarlichter zu informieren. Ein netter Service, der aber in meinem Fall eigentlich unnötig war, denn ich stand zu diesem Zeitpunkt längst draußen und hatte schon die ersten Fotos aufgenommen. Die Polarlichter tanzten rund 1 Stunde in allen Richtungen über den Himmel. Ein faszinierendes Schauspiel und für mich persönlich ging damit ein lang ersehnter Wunsch in Erfüllung! 🙂
Mein Fazit
Die nordischen Länder haben es mir angetan. Mit unseren Reisen nach Irland, Südengland und Schottland war die Messlatte bereits recht hoch gelegt. Alle diese Länder waren toll, aber Island hat nochmal eine Schippe drauf gelegt. Die Dimensionen sind einfach in jeder Hinsicht überwältigend: riesige Hochebenen, gigantische Wasserfälle, beeindruckende Vulkane und malerische Traumlandschaften im Überfluss. Island ist zurecht eines der populärsten Reiseziel der letzten Jahre und ich kann das Land wirklich wärmstens empfehlen.
Zum Schluss noch eine kleine Bildergalerie mit weiteren Impressionen von unserem tollen Island-Roadtrip.